Bildbearbeitung bei Portraits – wie viel ist zu viel?

Kann man Portraitfotos überhaupt nachbearbeiten, ohne ihnen die Authentizität zu nehmen? Früher hätte ich diese Frage sofort klar mit „Nein“ beantwortet. Gerade bei Portraits habe ich jegliche Nachbearbeitung in Bildbearbeitungsprogramm als „Verfälschung“ abgelehnt.

So eng sehe ich das inzwischen nicht mehr. Schließlich tun wir ja auch im täglichen Leben alles Mögliche, um vorteilhaft auszusehen – durch Kleidung, Frisur, Make-up usw. Also versuche ich, auch aus einem Bild das Optimum herauszuholen. Aber was ist das Optimum? Das ist natürlich eine „Glaubensfrage“.

Ich bemühe mich, so viel wie möglich schon in der Aufnahmesituation zu steuern, durch Belichtung und Aufnahmewinkel „Schokoladenseiten“ zu betonen und „Schwachstellen“ in den Hintergrund treten zu lassen. Je mehr ich im Vorfeld beeinflussen kann, desto weniger muss ich per Bildbearbeitung nachbessern.

Trotzdem kann es passieren, dass man das eine oder andere übersieht, zum Beispiel eine Hautunreinheit, die nicht gut überschminkt wurde. Kein Problem – mit dem Kopierstempel oder dem Reparaturpinsel wird sie schnell unsichtbar. Darüber hinaus glätte ich dezent Stellen, wo die Haut deutlich sichtbar großporig ist.  Schwieriger wird es schon bei Leberflecken. Hier sollte immer das Model entscheiden – wenn man sie komplett entfernt, fühlt es sich eventuell eines Persönlichkeitsmerkmals beraubt.

Und wie ist es mit Falten? Da bin ich vorsichtig. Ein wenig reduzieren bzw. weichzeichnen ist für mich o.k., durch „Lifting per Photoshop“ das Gesicht einer 50-Jährigen so faltenlos zu machen wie bei einer 20-Jährigen hingegen nicht. Die Fotos sollen ja noch natürlich wirken. Wir brauchen uns doch nur Menschen anzuschauen, die tatsächlich stark geliftet sind – ihre Gesichter haben kaum noch Mimik, sie sind maskenhaft. Das finde ich alles andere als erstrebenswert.

Besonders wichtig bei einem Portrait finde ich die Augen als „Spiegel der Seele“. Sie wirken einfach ausdrucksvoller, wenn sie nachgeschärft werden und das Augenweiß etwas aufgehellt wird. Auch um die Augen herum etwas aufzuhellen macht den Blick frischer. Schließlich lasse ich auch den Zähnen eine „Tiefenreinigung“ zukommen, so wie der Zahnarzt bei der professionellen Zahnreinigung – danach sind die Zähne nun einmal so strahlend, wie man es selbst mit intensivstem Putzen nicht hinbekommt.

Was ich nicht mache, sind Korrekturen, die in der Realität eine Schönheitsoperation erfordern würden, wie beispielsweise die Lippen aufblasen. Dies möchte ich anhand des nachfolgenden Fotos verdeutlichen:

Bild 1 ist vollständig unbearbeitet. Bei Nr. 2 habe ich die Gradationskurve steiler gemacht, Augen und Zähne aufgehellt, die Augen geschärft und die Lippen dezent abgedunkelt. Meiner Meinung nach ist das Bild so „gerade richtig“. Bei Nr. 3 habe ich es dann übertrieben: Die Augenfarbe ist nicht mehr natürlich, die Haut zu glatt, die Lippen sind dicker.

 

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